Jeder Fünfte leidet einmal im Leben unter mindestens 6 Wochen anhaltendem Juckreiz. Zu diesem Ergebnis ist eine repräsentative Umfrage mit 2.540 Teilnehmern im Rhein-Neckar-Kreis gekommen, die von der Abteilung für Klinische Sozialmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg durchgeführt wurde. Sie ist in der renommierten dermatologischen Zeitschrift „Acta Dermato-Venerologica“ erschienen. Die Studie liefert die weltweit ersten Daten zur Häufigkeit des chronischen Juckreiz in der Bevölkerung. „Chronischer Juckreiz ist in der Allgemeinbevölkerung weiter verbreitet als bislang abgenommen wurde“, erklärt Studienleiterin Professor Dr. Elke Weisshaar.
Chronischer Juckreiz, der mindestens sechs Wochen andauert, ist das häufigste Symptom von Hautkrankheiten wie Neurodermitis oder Schuppenflechte, kommt aber auch bei Lebererkrankungen, Nierenerkrankungen oder verschiedenen neurologischen oder psychischen Erkrankungen vor. Weitere Auslöser können Medikamente sein, die gerade bei älteren Menschen eine große Rolle spielen. In vielen Fällen liegen mehrere Ursachen oder Kofaktoren wie z. B. trockene Haut vor. Daher ist eine gründliche Abklärung und Durchuntersuchung sehr wichtig. Bei rund 30 Prozent der Patienten bleibt die Ursache ungeklärt. Noch fehlen spezifische Medikamente, die zuverlässig und langfristig eine anhaltende Bekämpfung und Linderung des chronischen Juckreizes verschaffen. Umso wichtiger ist es daher, Auftreten, Merkmale und Begleitumstände genau zu analysieren, um Hinweise auf mögliche Auslöser und Behandlungsmöglichkeiten zu erhalten.
Immigranten sind häufiger betroffen
Für die Heidelberger Studie wurden im Jahr 2008 Fragebögen an über die zuständigen Einwohnermeldeämter zufällig ausgewählte Personen in Heidelberg und Umgebung versandt, die Datenauswertung erfolgte bis Juli 2009. Zum Zeitpunkt der Erhebung litten 13 Prozent der Befragten seit mindestens sechs Wochen an Juckreiz, 16 Prozent waren in den vergangenen zwölf Monaten betroffen, jeder fünfte war schon mindestens einmal im Leben damit konfrontiert.
Die Auswertung ergab, dass sich lediglich in Bezug auf die Herkunft Unterschiede im Erkrankungsrisiko ergaben: Teilnehmer mit ausländischen Wurzeln, in dieser Studie größtenteils türkischer Herkunft, litten signifikant häufiger an chronischem Juckreiz als Deutschstämmige. „Hier müssen nun weitere Studien prüfen, ob diese Gruppe insgesamt anfälliger für diese Beschwerden oder anderen Risikofaktoren ausgesetzt ist“, erklärt Professor Weisshaar. Das Risiko von Frauen, einmal im Leben chronischen Juckreiz zu entwickeln, war leicht erhöht.
Chronischer Juckreiz (Pruritus) hält häufig jahrelang an
Bei der Hälfte der Teilnehmer, die zum Zeitpunkt der Befragung an chronischem Juckreiz litten, dauerten die Beschwerden bereits seit drei Jahren, bei einem Drittel sogar seit acht Jahren an. Insgesamt hatten 50 Prozent der Betroffenen einen Arzt aufgesucht, die Behandlung hatte bei 48 Prozent zu einer leichten und bei 21 Prozent zu einer deutlichen Besserung des Juckreizes geführt.
Die Studie hat eine weit höhere Verbreitung von Juckreiz gezeigt, als vergangene Untersuchungen angedeutet hatten. Bisherige Studien untersuchten das Vorkommen von chronischem Pruritus in Zusammenhang mit bestimmten Erkrankungen, bestimmten Fragestellungen oder in ganz bestimmten Studienkollektiven. Bisher hatte noch keine Studie das Vorkommen des chronischen Pruritus in der Allgemeinbevölkerung untersucht. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wollen die Heidelberger Wissenschaftler nun erforschen, welche Faktoren das Risiko, an chronischem Juckreiz zu erkranken, erhöhen.
Die Spezialsprechstunde Juckreiz wird in der Heidelberger Hautklinik seit 2006 angeboten. Zudem besteht eine Arbeitsgruppe, die sich mit gezielten Fragestellungen zum chronischen Pruritus, den davon betroffenen Patienten und vielen wissenschaftlichen Aspekten beschäftigt. In der Spezialsprechstunde wird sich viel Zeit genommen, um die Patienten sorgfältig zu untersuchen. Bisher haben sich schon ca. 500 in der Sprechstunde vorgestellt.
Internet: http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/Juckreizschulung.112672.0.html
Quelle: Dr. Annette Tuffs, Unternehmenskommunikation Universitätsklinikum Heidelberg
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