Sie berichten, dass Sie in der Kindheit an Neurodermitis litten und dass seit einigen Wochen die Haut an den Ellenbogen gerötet sei und zeitweise jucke. Typischerweise sind bei der Neurodermitis die Gelenkbeugen, also die Innenseite der Arme und die Rückseite der Knie betroffen.
Auf Ihre Frage, ob diese Rötung eine Form der Neurodermitis sein kann, kann ich auf die Distanz und ohne Ihre Haut gesehen zu haben, nicht antworten. Wenn Sie schon früher Heuschnupfen und andere Allergien hatten, und wenn Sie jetzt wieder eine Neurodermitis haben (was ich nach Ihren Beschreibungen nicht genau beurteilen kann), kann diese im Rahmen des Pollenflugs sich wieder verschlechtern. Auch Stress kann die Neurodermitis verschlimmern, wird aber nicht als alleiniger auslösender Faktor gesehen. Ein Neurodermitisschub kann mit antientzündlichen Cremes, die zum Teil auch Kortison enthalten zur Abheilung gebracht werden. Zur Basistherapie (zwischen zwei Schüben) sollten täglich zum Beispiel rückfettende harnstoffhaltige Cremes oder Salben angewendet werden. Ich empfehle Ihnen jedoch einen Besuch bei einem Hautarzt zur sicheren Diagnosestellung und Einleitung einer Therapie.
Dr. Martina Moderer
Leider geht aus Ihre Schilderungen nicht hervor, wie lange die Hautveränderungen nach dem Geschlechtsverkehr dann bestehen bleiben. Die geschilderte Augenschwellung in Verbindung mit den Hautveränderungen kann auf eine akute Urtikaria (Nesselsucht) hinweisen, die auch durch körperliche Anstrengung und intensivem reibendem Hautkontakt beim Geschlechtsverkehr ausgelöst werden kann. Eine andere Ursache können Allergene im Umfeld des Partners, wie Teppiche, Bettzeug oder Haustiere sein. Wegen der Beurteilung der Hautveränderungen sollten Sie einen Hautarzt aufsuchen und ihm das schildern, was Sie mir geschrieben haben.
Dr. Martina Moderer
Sie haben uns über Ihre Sonnenunverträglichkeit berichtet. Diese hat sehr wahrscheinlich nichts mit Ihrer Neurodermitis zu tun! Lichtverursachte Hauterkrankungen (sogenannte "Photodermatosen") können durch vielerlei Dinge hervorgerufen werden. Ein direkter Zusammenhang mit Neurodermitis ist nicht bekannt. Sie schreiben, dass Sonnenstrahlen durch Fensterscheiben bereits zu Hautreaktionen führen. Der Teil der ultravioletten Strahlung, der Fensterglas durchdringt, ist der UV-A- Bereich (320 bis 400 nm Wellenlänge). Vermutlich ist es also das UV-A, das Ihnen die Probleme macht. Das passt, denn die überwiegende Zahl der durch Licht verursachten krankhaften Hautreaktionen wird durch langwelliges UV-A ausgelöst. Wenn Ihre UV-A-Unverträglichkeit plötzlich und erst im Erwachsenenalter begonnen hat, und Sie - abgesehen von der Neurodermitis - organisch gesund sind, und die Symptome sonnenbrandähnlich sind (ohne Quaddeln, Knötchen, Bläschen, Narbenbildung, Ekzem), dann schränkt sich bei Ihnen die Bandbreite der vielen möglichen Lichterkrankungen schon ziemlich ein.
Wichtig ist nun, dass Sie einen Hautfacharzt Ihres Vertrauens aufsuchen. Mit ihr/ihm gemeinsam sollten Sie wie ein Detektiv versuchen, herauszufinden, ob es irgendetwas gibt, dass vor drei Jahren und jetzt seit drei Monaten anders bei Ihnen war/ist, als in der sonstigen Zeit (vor allem z.B. im Juli diesen Jahres als Sie in der italienischen Sonne waren und keine Hautprobleme durch UV-Licht bekamen). Denn: Relativ häufig ist z.B. die "Phototoxische Dermatitis", eine Hautentzündung unter dem Bild einer starken Sonnenbrandreaktion ausgelöst durch UV-A-empfindliche Substanzen, die entweder im Körper selber entstehen (bei bestimmten Erkrankungen) oder von außen zugeführt werden (über die Haut, den Magen-Darm-Trakt oder z.B. durch Medikamenten-Infusionen in die Venen).
Also hier ein paar Beispielfragen: Haben Sie nach Ihrem Juli-Urlaub angefangen, irgendwelche Substanzen wie z.B. Vitamintabletten oder Medikamente oder etwas Anderes einzunehmen, was Sie zuvor nicht getan haben? Machen Sie beruflich im August/September etwas Anderes als in den Monaten davor? Z.B. Schweißarbeiten, bestimmte Saisonarbeiten? Haben/hatten Sie Umgang mit Antibiotika oder Pflanzenschutzmitteln? Nach der Fragerei (genannt Anamnese) können dann Hauttests für Sie vorbereitet werden. Bei einem der Standardtests werden z.B. verschiedene Substanzen auf Ihren Rücken geklebt und nach 24 Stunden mit einer bestimmten Menge UV-A bestrahlt ("Photopatchtest" oder "belichteter Epikutantest").
Noch ein letzter Punkt: Sie fragten nach "Sonnencremes". Sie benutzen zur Zeit einen Sonnenschutz mit Lichtschutzfaktor (LSF) 30 (vermutlich für den UV-B Bereich?, wie hoch ist der Schutz im UV-A-Bereich?). Sie sollten sich beraten lassen und einen UV-Blocker mit höherem Lichtschutzfaktor sowohl für den UV-B- als auch für den UV-A-Bereich auswählen. Achten Sie darauf, daß der LSF für den UV-A-Bereich auf der Packung angegeben ist!
Dr. Philippa Golling
Um festzustellen, ob in einer Kupferspirale zur Empfängnisverhütung auch Nickel enthalten ist, müsste man sich das Produkt und dessen Inhaltsstoffe genauer ansehen. Aus Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass Patientinnen mit einer Nickelallergie in der Regel keine sich verschlechternde Symptomatik nach Einsetzen der Spirale haben.
Dr. Martina Moderer
Solch eine "Austrocknung" der Haut, wie Sie es beschreiben, kann es manchmal im Rahmen der Neurodermitis geben, allerdings könnte es auch sein, dass Sie unter einer Form der sogenannten "Ichthyosen" leiden. "Ichthyosen" ist der Sammelbegriff für unterschiedliche Verhornungsstörungen, die entweder genetisch bedingt oder erworben sind und weitgehend das ganze Hautorgan betreffen.
Die häufigste und mildeste Ichthyosisform ist die "Ichthyosis vulgaris", die vererbt wird. Ein häufiges Zusammentreffen mit Neurodermitis wird beobachtet (je nach Autor in 25% bis 50% der Fälle). Das Hauptsymptom ist eine "trockene Haut" mit unterschiedlich starker, weißlicher feiner Schuppung (allerdings vor allem an den Streckseiten der Arme und Beine). Die Gelenkbeugen sind frei, das Handfurchenrelief vergröbert. - Das ist nur ein Beispiel aus der Gruppe der ererbten Ichthyosen.
Die erworbenen Ichthyosen zeigen sich an der Haut wie die ererbten, aber zusätzlich plagt sich der Patient häufig mit quälendem Juckreiz. Jene Ichthyosen können im Zusammenhang mit bestimmten Infektionen, Vitaminmangel, Medikamenteneinnahmen oder anderen Grunderkrankungen wie z.B. Schilddrüsenunterfunktion (bei Ihnen ja schon untersucht) auftreten. Um abzuklären, ob Sie unter Umständen an einer Ichthyose leiden, brauchen Sie einen Hautfacharzt. Er stellt in Zusammenschau Ihrer Krankengeschichte, den Symptomen und vermutlich einer Hautprobe diese mögliche Diagnose.
Zur Therapie der trockenen Haut im allgemeinen sind harnstoffhaltige Pflegemittel sehr gut (mit einer Harnstoffkonzentration bis zu 10%). Verschiedene Öl- und Kochsalzbäder sind angenehm. Bei starken Verhornungsstörungen kann der Hautfacharzt auch Tabletten verordnen, die zumindest für die Dauer der Therapie eine Besserung erzielen sollten.
Dr. Philippa Golling
Azithromycin ist ein sehr lang wirksames Antibiotikum. Nach Ihrer Beschreibung hat sich im Anschluss an die Einnahme dieses Medikamentes zunächst ein sogenanntes Arzneimittelexanthem, also ein allergisch bedingter Hautausschlag eingestellt. Die erfolgreiche Therapie mit einem Antihistaminikum (Antiallergikum) passt dazu.
Dann - Monate später - sei eine Neurodermitis diagnostiziert worden. Die Neurodermitis ist zwar prinzipiell in der Erbinformation angelegt, kann jedoch in ihrer Ausprägung und auch Auslösung von vielen Faktoren beeinflusst werden. In Ihrem Fall kann sogar schon der bakterielle Infekt, der Anlass für die Antibiotikaeinnahme war, als Auslöser herhalten. Selbstverständlich kann aber auch das Antibiotikum selber z.B. über die Auslösung der allergischen Reaktion im Rahmen des Arzneimittelexanthems ihr Immunsystem beeinflusst haben und so den Neurodermitisschub ausgelöst haben.
Noch nicht befriedigend geklärt ist die Bedeutung des Immunsystems im Darm und die Bedeutung der Darmflora hierfür. Gerade Azithromycin als sehr lang wirksames Antibiotikum dürfte die Zusammensetzung der Darmflora für einen längeren Zeitraum beeinflussen. Inwiefern dies über die Beeinflussung der Immunzellen im Darm auch eine Neurodermitis auslösen kann, ist eine interessante aber noch nicht abschließend geklärte Frage.
Dr. Uwe Schwichtenberg
Ein Saunabesuch soll immunstimulierend wirken. Besonders wird eine Wirkung auf die T-Lymphozyten vermutet, die auch an der Entstehung der Neurodermitis beteiligt sind. Die Hautdurchblutung wird verbessert und Schuppen werden abgelöst. Alle diese Effekte können bei einer leichten Neurodermitis zur Verbesserung des Befundes führen.
Andererseits ist Juckreiz durch Wärme zu verstärken und Wasserkontakt (Schweiß, Badewasser etc.) entfettet die Haut. Im Anschluss an die Sauna sollte daher die Haut unbedingt mit einem Pflegepräparat eingecremt werden. Bei hochentzündlichen Hautveränderungen der Neurodermitis und bei offenen nässenden Ekzemherden ist ein Saunagang nicht zu empfehlen. Im Allgemeinen empfiehlt man 1-2 Saunabäder pro Woche, bestehend aus max. 3 Saunagängen zu je 10-15 min. (je nach Gewöhnung).
Dr. Uwe Schwichtenberg
Insbesondere im Kindesalter findet sich häufiger einmal eine Sensibilisierung von Neurodermitikern gegenüber Kuhmilch- oder Weizen-Allergenen. Von einer Sensibilisierung sprechen wir Allergologen immer dann, wenn die "richtigen" Tests positiv ausfallen. Wenn darüber hinaus der Patient ein "Problem mit dem Allergen im echten Leben" hat, sprechen wir von einer Allergie. So ein Problem kann Heuschnupfen, Asthma oder halt eben auch Neurodermitis sein.
Die Wortschöpfungen "zentrale Allergie" oder "maskierte Allergie" sind wissenschaftlich nicht definiert und ich selbst habe sie bisher nur im Zusammenhang mit werbenden Anpreisungen eines bewiesenermaßen nicht funkionierenden Pseudoallergietests, der sogenannten "Bioresonanzdiagnostik" gehört.
PD Dr. Andreas Wollenberg
Es ist richtig, dass bei einem gewissen Anteil von Neurodermitikern, der je nach untersuchter Gruppe etwa zwischen 10 und 40 Prozent liegt, kein IgE gegen die typischen Allergene der Neurodermitiker nachweisbar sind. Man spricht dann von "intrinsischem" atopischen Ekzem. Auch gibt es Nahrungsmittelunvertäglichkeiten ohne eine IgE-vermittelte Sensibilisierung der Allergie.
PD Dr. Andreas Wollenberg
Während es insgesamt etwa gleich viel männliche wie weibliche Neurodermitiker gibt, haben wir etwas mehr weibliche Patientinnen mit der intrinsischen Form der Neurodermitis gesehen.
PD Dr. Andreas Wollenberg